Die nachfolgenden Antworten beziehen sich auf Arbeits- vertragsverhältnisse des Privatrechts. Wir weisen darauf hin, dass in diesem Bereich nur der Zivilrichter befugt ist, im Streitfall eine Entscheidung zu treffen. Den nachfolgenden Antworten kommt deshalb die Bedeutung einer unverbindlichen Stellungnahme zu. Öffentlich-rechtliche Arbeitsverhältnisse wie Anstellungen in der Verwaltung oder in staatlichen Unternehmen unterstehen meist eigenen Regeln, sodass die nachfolgenden Antworten für sie nicht oder nur eingeschränkt gelten.
Das Gesetz (Art. 329 Abs. 3 OR) sieht vor, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer innerhalb der gewöhnlichen Arbeitszeit für besondere Anlässe die erforderliche Zeit (sog. «übliche freie Tage und Stunden») zu gewähren hat. Zu beachten ist, dass der Bezug mit dem Arbeitgeber abzusprechen ist.
Besondere Anlässe sind:
- Erledigung von persönlichen Angelegenheiten:
Wohnungswechsel, Aufsuchen einer Behörde, Arztbesuch etc. - Familienereignisse:
Todesfall, Hochzeit naher Angehöriger - Freizeit zur Suche einer neuen Arbeitsstelle (nach erfolgter Kündigung)
Vom Gesetz her nicht vorgeschrieben ist die Freizeitgewährung für die Teilnahme an Bildungs-, kulturellen, sportlichen, gewerkschaftlichen und gesellschaftlichen Veranstaltungen. Derartige Ansprüche können sich jedoch aus dem Einzelarbeitsvertrag oder einem GAV ergeben. Eine Ausnahme im Sinne eines gesetzlichen Anspruchs existiert für Jugend und Sport (J&S) bei unter 30-jährigen (siehe Frage «Muss für den Besuch eines J&S-Leiterkurses oder für die Leitung eines Pfadfinderlagers das allgemeine Ferienguthaben beansprucht werden?»).
Der Begriff des besonderen Anlasses oder „üblichen freien Tage und Stunden" wird in der Praxis oftmals durch GAV, Firmenreglemente oder durch den Einzelarbeitsvertrag konkretisiert. Diese können die Dauer der Freizeit regeln, welche aufgrund eines besonderen Anlasses gewährt wird.
Für die Stellensuche (damit sind Vorstellungsgespräche gemeint, nicht das Durchlesen der Zeitungsannoncen oder das Verfassen von Bewerbungsschreiben) gilt - nach erfolgter Kündigung - als Regel, dass Arbeitnehmende bei Bedarf Anspruch auf einen halben Arbeitstag pro Woche haben. Nur die effektiv benötigte Zeit ist vom Arbeitgeber freizugeben. Der halbe Tag kann auf Wunsch des Arbeitnehmenden auch in einzelne Stunden unterteilt werden.
Arbeitnehmende dürfen auch die nötige freie Zeit für Arzt- und Zahnarztbesuche sowie Behördengänge in Anspruch nehmen. Derartige Kurzabsenzen sind jedoch nur zulässig, wenn die entsprechenden Verrichtungen ausserhalb der Arbeitszeit nicht möglich sind. Bei Arbeitnehmenden in Teilzeit oder mit gleitender Arbeitszeit gilt ein strengerer Massstab. Es steht den Parteien hingegen frei, eine für die Arbeitnehmenden günstigere Regelung zu vereinbaren
Ein Lohnanspruch besteht nur dann, wenn es vereinbart oder üblich ist. Für Arbeitnehmende im Monatslohn ist es üblich, dass für diese Abwesenheiten der Lohn bezahlt wird, d.h. es erfolgt keine Kürzung des Monatslohnes.
Bei Arbeitnehmenden im Stundenlohn gibt es dagegen einen Lohnanspruch nur, wenn die Voraussetzungen von Art. 324a OR erfüllt sind: Die Verhinderung von der Arbeitsleistung muss in der Person des Arbeitnehmers liegen, muss unverschuldet sein und darf das zeitliche Ausmass, das Art. 324a OR vorgibt, zusammen mit allfälligen andern Absenzen wegen Krankheit, Schwangerschaft, Militärdienst etc. nicht überschreiten. Selbstverständlich ist eine vertragliche Vereinbarung, wonach alle erlaubten Kurzabsenzen auch zu bezahlen sind, zulässig (siehe dazu Frage «Was gilt, wenn der Arbeitnehmer aus anderen Gründen an der Arbeitsleistung verhindert ist?»).
«Was gilt, wenn der Arbeitnehmer aus anderen Gründen an der Arbeitsleistung verhindert ist?»
Arbeitnehmende haben Anspruch auf bezahlten Urlaub, um sich um Familienmitglieder oder die Lebenspartnerin bzw. den Lebens-partner zu kümmern, wenn diese gesundheitlich beeinträchtigt sind.
Die Betreuung wird nicht nur anerkannt, wenn sie die eigenen Kinder, die Ehegattin bzw. den Ehegatten oder die eingetragene Partnerin bzw. den eingetragenen Partner der pflegenden Person betrifft, sondern auch bei Eltern, Geschwistern sowie Personen, mit denen die pflegende Person seit mindestens fünf Jahren ohne Unterbruch einen gemeinsamen Haushalt führt.
Der Urlaub ist auf die Zeit beschränkt, die zur Betreuung notwendig ist, beträgt jedoch höchstens drei Tage pro Ereignis und höchstens zehn Tage pro Dienstjahr.
Der 1. August (Bundesfeiertag) ist der einzige eidgenössische Feiertag. Er ist arbeitsgesetzlich den Sonntagen gleichgestellt. Nach Art. 20a des Arbeitsgesetzes dürfen die Kantone höchstens acht weitere Feiertage den Sonntagen gleichstellen. Demnach ist es von Kanton zu Kanton verschieden, welche Feiertage gesetzlich anerkannt sind.
An den gesetzlich anerkannten Feiertagen, die den Sonntagen gleichgestellt sind, dürfen grundsätzlich keine Arbeitnehmenden beschäftigt werden. Die ausgefallene Arbeitszeit muss nicht nachgeholt werden. Umgekehrt gibt es auch kein Recht auf Nachbezug von Feiertagen, die auf einen arbeitsfreien Tag fallen.
Es gelten allerdings die gleichen Ausnahmen wie bei der Sonntagsarbeit. Für die Beschäftigung von Arbeitnehmenden an Feiertagen, die den Sonntagen gleichgestellt sind, benötigen die Betriebe, die dem Arbeitsgesetz unterstellt sind, eine arbeitsgesetzliche Bewilligung für Sonntagsarbeit (und allenfalls auch eine Polizeierlaubnis nach kantonalem Ruhetagsgesetz). Keine arbeitsgesetzliche Bewilligung ist notwendig für Betriebe, die in der Verordnung 2 zum Arbeitsgesetz vom Verbot der Sonntagsarbeit ausgenommen sind (z.B. Spitex-Betriebe, Arzt-, Zahnarzt- und Tierarztpraxen).
Arbeitnehmende haben zudem das Recht, an nicht gesetzlich anerkannten religiösen Feiertagen die Arbeit auszusetzen. Sie müssen dies jedoch dem Arbeitgeber spätestens drei Tage im Voraus anzeigen (Art. 20a Abs. 2 ArG). Auf diese Bestimmung können sich vor allem auch Angehörige anderer als der christlichen Religion stützen.
Einige Kantone kennen mehr Feiertage, als die vom Arbeitsgesetz vorgesehenen 9 pro Jahr. Diese zusätzlichen kantonalen Feiertage werden arbeitsrechtlich wie Werktage behandelt. Hier wäre eine Kompensationspflicht für die ausgefallene Arbeitszeit zulässig, sofern eine entsprechende Vereinbarung darüber besteht.
Arbeitnehmende im Monatslohn erhalten den Lohn auch für die wegen eines Feiertags ausgefallenen Arbeitsstunden (keine Kürzung des Monatslohnes). Bei Arbeitnehmenden im Stundenlohn ist dies nur der Fall, wenn dies Einzelarbeitsvertrag oder GAV ausdrücklich vorsehen. Als einziger Feiertag muss der 1. August auch bei Arbeitnehmenden im Stundenlohn von Gesetzes wegen bezahlt werden.
Letzte Änderung 10.01.2022